Vereinschronik des Bienenzuchtvereins Laubustal, gegründet 1894
Verfasser: Kurt Nahm / Veröffentlicht in der Festschrift zum 100-jährigen Vereinsbestehen im Jahr 1994
Die Mitglieder des Vereins sind keine Berufsimker. Sie betreiben ihr Hobby aus Freude an der Natur und aus Interesse am Umgang mit diesen Insekten voller Rätsel und Merkwürdigkeiten.
Daneben bringen die Völker mit ihrem sprichwörtlichen Bienenfleiß die reine und unverfälschte Natur als willkommene Ergänzung direkt auf den Frühstückstisch. Bei guter Tracht kann der geerntete Überschuss verkauft werden und hilft, die Kosten für Winterfutter, neue Königinnen usw. zu decken.
Seit Jahrzehnten befinden sich die Bienenstände fast ausschließlich im Ortsbereich; zumeist in den Gärten der Randlage und, früher mehr als heute, auch zwischen den Häusern. Dass Bienen schwärmen und stechen, wenn sie sich bedroht fühlen, gehörte zum Alltagswissen der Einwohner. Niemand bemühte deswegen Polizei oder Behörden. Das dörfliche Leben wurde bestimmt vom Wissen um die Nähe zum Kreislauf der Natur, vom Wechsel der Jahreszeiten und der Abfolge von Saat und Ernte.
Quellen für diese Zeilen bilden die z.T. sehr spärlichen Eintragungen in den wenigen vorliegenden Protokollbüchern, ebenso in Kassenaufzeichnungen, Anwesenheits-, Mitglieder- und Beitragslisten, soweit sie die bewegten Zeitläufe überdauert haben. Wechsel der Vorsitzenden und Schriftführer sowie historische Gründe haben vermutlich zu dieser Unvollständigkeit beigetragen. Trotz der Lückenhaftigkeit geben die Unterlagen einen recht interessanten Einblick in die Vereinsgeschichte.
Gründung
Der Verein wurde 1894 gegründet. Über den Namen gibt der Stempel "Bienenzuchtverein Laubustal, gegr. 1894" Auskunft, der die erste Seite im ersten noch erhaltenen Protokollbuch eröffnet. Er gehört damit zu den ältesten überörtlichen Interessenzusammenschlüssen in unserem heimischen Raum.
Ab dem Jahr 1897 liegen Dokumente mit Namensangaben von Imkern aus Münster vor. Am 4. Juli 1897 einigte man sich bei Gastwirt Mulot, später "Deutsches Haus", von Wilh. Kühmichel, auf den Namen "Sektion Laubusbachtal". Als Vorsitzender fungierte 1897 Hauptlehrer Wick, Schriftführer und Kassierer war Lehrer August Reichard, beide aus Münster. Unter den Mitgliedern findet man neben den erwähnten Lehrern Wick und Reichard noch den Müller Adam Hasselbach und den Lehrer Ferdinand Haas aus Münster. Im Jahre 1898 trat Wilhelm Laux dem Verein bei. Die anderen Mitglieder stammten aus Villmar, Weyer, Wolfenhausen und Haintchen.
"Es wurde beschlossen, mit den Versammlungsorten zu wechseln und wurde den Mitgliedern der regelmäßige Besuch der Versammlungen, wenn auch an entfernten Orten, eindringlich ans Herz gelegt." Eine Mahnung in einer Zeit, in der weder Autos, noch Motor- oder Fahrräder die Entfernungen verkürzten.
Mitgliederzahlen
Die Anzahl der Mitglieder bewegte sich von Anbeginn kontinuierlich nach oben. Mehrere Gründe dürften dazu geführt haben. Zunächst haben sich sehr wahrscheinlich nicht alle Imker dem Verein angeschlossen. Man betreute seine Bienen und erntete seinen Honig weiter, so wie vor der Gründung und wartete zunächst in Ruhe und mit Bedacht, wie sich der Zusammenschluss entwickelte. Neu eintretende Imker begannen oft mit bis zu 5 Völkern, ein Beweis, dass sie bereits Erfahrung gesammelt hatten. Außerdem kostete der Verein 1 Mark Eintrittsgeld und 2 Mark Jahresbeitrag. Das war viel Geld zu Beginn unseres Jahrhunderts.
Die anfänglich zögernde Haltung wich im Laufe der Jahre einer zustimmenden Aufgeschlossenheit, was nicht zuletzt der interessanten, aufklärenden und praxisorientierten Vereinsarbeit zu verdanken gewesen sein dürfte. Als Folge dehnte sich der Verein auch regional aus und Imker aus anderen als den Gründungsgemeinden des Laubustals traten nach und nach bei. Ab 1899 zahlten Mitglieder aus Niederselters, Eisenbach, Langhecke, Aumenau, Runkel, Arfurt, Steeden, Kerkerbach, Gaudernbach, Löhnberg und Finsterntal ihren Beitrag ins Laubustal.
Protokollbuch-Auszug „Mitglieder von 1914“
Zu den 12 Beitragszahlern von 1899 waren bis 1906 noch 23 weitere hinzugekommen. 30 bis 35 betreuten in dem Jahrzehnt vor dem 1. Weltkrieg zeitweilig weit über 250 Bienenvölker. Die Beitragslisten geben seit 1903 Auskunft über die Anzahl der haftpflichtversicherten Völker, vermutlich ein weiterer Grund, dem Verein beizutreten. Als Beispiel für die Aktivität möge die Beitragsliste vom Frühjahr 1914 dienen, des Jahres, in dem im Sommer der 1. Weltkrieg ausbrach.
In den 20er Jahren sank die Mitgliederzahl von 29 auf 16, die gemeldeten Völker von 184 (1919) auf 109 (1933/34). Auch die regionale Ausdehnung schrumpfte. Ab 1927 fehlen die bis dahin mit großen Ständen vertretenen Imker aus Villmar. Nur noch Weyer, Münster, Wolfenhausen, Blessenbach und Oberbrechen sind verzeichnet. In den Vereinsbeiträgen während der Inflationsjahre spiegelt sich sehr deutlich der Niedergang der Wirtschaft. 300 Mark waren für 1923 beschlossen, kassiert werden mussten jedoch 3.250 Mark. Nach Einführung der neuen stabilen Reichsmark 1924 kostete die Mitgliedschaft dann jährlich 4,- Mark.
Aus dem zweiten erhaltenen Protokollbuch der Jahre 1954 bis 1975 erfahren wir nur wenig über die Mitgliederzahlen dieser beiden Jahrzehnte. Die Angaben beschränken sich zumeist auf die Anzahl der Versammlungsteilnehmer. Eine Liste von 1947 und ein Protokolleintrag von der 80-Jahrfeier 1974 weisen jeweils 32 Mitglieder aus. Zwischenzeitlich starke Abweichungen sind eher unwahrscheinlich.
Zum 100jährigen Bestehen
Zum 100jährigen Bestehen zählt der Bienenzuchtverein Laubustal 23 Mitglieder aus Aumenau, Haintchen, Laubuseschbach, Münster, Villmar, Weyer und Wolfenhausen, eine Zahl, die in den letzten Jahren relativ stabil geblieben ist. Sie bewirtschaften ca. 100 Völker. Vorsitzender ist Alfred Ludwig aus Weyer.
Vereinsarbeit und Vereinsleben
Die Protokolle der Versammlungen belegen eine rege Vereinstätigkeit. Von Anfang an standen Vorträge zu Neuerungen in der Bienenzucht und Standbesichtigungen bei Vereinsmitgliedern oder auswärtigen Imkern im Mittelpunkt der Zusammenkünfte.
Selbst nach vielen Jahren beschert ein Bienenvolk seinem Betreuer immer wieder Überraschungen. Das begründet ein reges Interesse des Imkers am Leben des Biens und seine Aufgeschlossenheit für die Erkenntnisse der Bienenforschung. Daher sind die Themenkreise Betriebsweise und Königinnenzucht bis heute aktuell geblieben. Sie haben sich nur wenig geändert, lediglich in ihrer inhaltlichen Gewichtung haben sie sich im Laufe der Jahre den jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst. Bei der Versammlung am 1. Mai 1898 führte der Imker Joseph Wünschmann am "eigenen Stande in Villmar die verschiedensten Frühjahrsoperationen vor, als da sind: Untersuchung auf Weiselrichtigkeit, Einhängen ausgebauter Waben & künstlicher ganzer Mittelwände, Befestigung der Mittelwände". Auf der Tagesordnung der zweiten Versammlung des Jahres 1898 bei Gastwirt Laux in Münster "stand der Vortrag des Herrn Lehrer Klamp aus Wolfenhausen. Das Thema lautete: Der gemischte Betrieb. In recht interessanter Weise führte uns Herr Referent die Vor- & Nachteile des Kastenbetriebs vor Augen, trat dann warm für den Korbbetrieb ein & empfahl den gleichzeitigen Betrieb nach beiden Seiten." Auf der dritten und letzten Versammlung am 4. September 1898 in Weyer "fand eine eingehende gemeinschaftliche Besprechung der nun vorzunehmenden Herbst- und Winterarbeiten am Bienenstande statt."
Die Versammlungen der folgenden Jahre standen ebenfalls im Zeichen imkerlicher Weiterbildung. Als Referenten traten ausschließlich Imker aus den Reihen der Lehrerschaft auf. Überhaupt schienen sich die Lehrer in den einzelnen Orten fast ausnahmslos der Bienenzucht verschrieben zu haben.
An Themen verzeichnen die Protokolle:
- Umweiselung durch Einsetzen verdeckelter Weiselzellen
- Fütterung, einschließlich Notfütterung, Futterstoffe, Ort, und Zeitpunkt der Fütterung
- Praktische Winke für die Bienenzüchter im Frühjahr
- Schwärmen, Natur- und Kunstschwärme & ihre Pflege und Behandlung
- Feinde der Bienenzucht & Krankheiten der Bienen
- sowie 1902: Das Verstärken und Vereinigen der Bienenvölker, Zweck und Methoden
Bedauerlicherweise setzt danach eine lange Zeitspanne ohne jegliche Aufzeichnungen ein. Erst nach dem 1. Weltkrieg werden sie am 7. September 1919 fortgesetzt. In der Hauptversammlung dieses Jahres gibt man sich eine neue Satzung. Sie enthält u.a.:
1. "Der Imkerverein "Sektion Laubusbachtal" ist ein Glied des Bienenzüchtervereins für den Regierungsbezirk Wiesbaden und hat die Aufgabe, die Bienenzucht zu fördern."
2. "Vereinszeitschrift ist die "Deutsche illustrierte Bienenzeitung"
3. "der Vereinsbeitrag für jedes Mitglied beträgt 2,00 Mark"
. . .
7. "der Verein kann nur aufgelöst werden, wenn 2/3 der Mitglieder es beschließen. Das Vereinsvermögen soll in diesem Fall dem Hauptverein des Reg. Bez. Wiesbaden überwiesen werden."
Außerdem erfahren wir aus dem Protokoll, dass der Herbstzucker zentral in Weilmünster abgeholt werden kann und ein Pfund Honig je Volk abzuliefern sei. Darin spiegelt sich die Fortsetzung der kriegsbedingten Zwangswirtschaft und man fragte besorgt, wie lange sie wohl noch dauern mag.
Im Zusammenhang mit dem knappen Zuckerangebot ist auch die Anregung aus der Versammlung vom 19.09.1920 zu sehen. Im Protokoll verlautet: "Es wurden empfohlen, 7 ½ Pfund Zucker, 7 ½ Pfund Honig & 10 – 15 Schoppen Wasser, erst Ende Sept. Anf. Okt. schnell füttern." Auch damals hat man sich mit dem Honigabsatz beschäftigt. Wir lesen: "Kauflust für Honig ist auf dem Lande gering. Preisangebot einer Frankfurter Firma: heller Honig per Zentner 1.200,-- Mark, dunkler Honig per Zentner 1.000 Mark, nackte Heidevölker wurden angeboten zu 50,-- Mark pro Pfund. Zucker oder Honig als Reisefutter vorher einsenden."
Pro Volk gab es 1921 15 Pfund Zucker, 9 im Herbst und 6 im Frühjahr. Deutscher Zucker kostete 3,60 Mark, ausländischer 7,80 Mark je Pfund. Abgegeben wurde er im Verein zu einem einheitlichen Mischpreis. 1922 stieg der Beitrag auf 10,00 M und das Eintrittsgeld auf 3,00 Mark, eine Limburger Blechdosenfabrik wollte preiswerte Blechdosen für Honig verkaufen. Das letzte Protokoll vom 18.03.23 nannte nur noch die Tagesordnung.
Dann klafft in den Protokollen eine riesige Lücke von mehr als 30 Jahren Vereinsgeschichte. Lediglich Listen über Beiträge und Mitgliederzahlen liegen für einige dieser Jahre vor.
Neben der Fortbildung kamen Kameradschaft und Geselligkeit nicht zu kurz. So wurden während des Ersten Weltkrieges die eingezogenen Mitglieder an der Front mit Tabakpäckchen versorgt. In den schweren Jahren des Zweiten Weltkrieges haben die daheimgebliebenen Imker und oft die Frauen die Bienen der eingezogenen Imker betreut.
Schmunzelnd lesen wir in dem Bericht über die Feier des 80-jährigen Vereinsjubiläums 1974: "Als wir richtig bei der Feier waren, mußte leider eine Pause von 1 ½ Stunden eintreten, durch ein Fußballspiel in München, wobei die Weltmeisterschaft ausgetragen wurde. Der große Sieg lag auf deutscher Seite, wo die Nationalspieler Weltmeister wurden. War eine große Freude."
Im Strudel der Zeit
Für den Zeitraum von 1935 bis 1945 gibt es keinerlei Unterlagen. Vermutlich sind sie in den letzten Kriegstagen vernichtet worden, um damit irgendwelche kompromittierenden Eintragungen zu beseitigen. Aus der Situation der damaligen Zeit ist das zwar eine verständliche Reaktion, vereinsgeschichtlich aber zu bedauern, weil damit sämtliche Aufzeichnungen verschwunden sind. Dadurch lassen sich die Veränderungen in der Imkerorganisation, die Eingriffe in unser Vereinsleben und die Auswirkungen der Plan- und Kriegswirtschaft nicht mehr belegen und nachvollziehen.
In Überlieferungen anderer Imkervereine kann man die einschneidenden Maßnahmen nachlesen. Sie dürften analog auch für uns zutreffen:
1. Die Autarkiebestrebungen der Reichsregierung führten in vielen Bereichen der Volkswirtschaft zur Gleichschaltung. Alle Zweige der Landwirtschaft mussten gestrafft, zentralisiert und durch Rationalisierung ertragreicher werden. Die Imker wurden dem „Reichsverband deutscher Kleintierzüchter“ zugeordnet und in der „Reichsfachgruppe Imker“ zusammengefasst. Untergliederungen bildeten die „Gebietsfachgruppe Hessen-Nassau“ und letzlich die „Ortsfachgruppe Laubustal“, über die sämtlicher Schriftverkehr bis hin zur streng reglementierten Kriegswirtschaft abgewickelt werden musste.
2. Um die Vielfalt der Betriebsweisen zu beseitigen, versuchte man es mit der Einführung einer Einheitsbeute mit dazugehörenden Einheitsrähmchen im sog. Deutschen Normalmaß. Trotz eines erheblichen Propagandaaufwands erreichte man das Ziel nicht. Geblieben sind aber die Grundsätze einer rationellen Betriebsweise und ein bis heute gebräuchliches und weit verbreitetes Rähmchenmaß. Das Einheitsglas mit dem eingeprägten Emblem und dem Gewährverschlusss ist inzwischen zum Markenzeichen für echten deutschen Honig geworden.
3. Die vielerorts bereits Anfang der 30er Jahre einsetzende Flurbereinigung führte langfristig zur erheblichen Änderung der Trachtverhältnisse. Die Zusammenlegung von Ackerflächen in den 50er Jahren, begleitet von der Beseitigung vieler Obstbäume und dem verstärkten Einsatz chemischer Unkrautvernichter auf Äckern und Feldrainen , schädigte die Imkerei erheblich.
4. Die besonders während des Krieges intensiver werdende und bis in die Nachkriegszeit hineinreichende Bewirtschaftung der Lebensmittel zwang die Imker zu Balanceakten. Einerseits benötigte man die Sonderzuteilung von 6 kg Zucker je Volk für die Winterfütterung, andererseits waren dafür 3 kg Honig abzuliefern.
Wiederaufbau
Schon bald nach dem 2. Weltkrieg nahmen die Laubustaler Imker die Vereinsarbeit wieder auf. So finden im Jahr 1946 vier Versammlungen in Münster, Wolfenhausen, Weyer und Münster statt, an denen 12 bis 19 Mitglieder teilgenommen haben. Erster Nachkriegsvorsitzender wurde Otto Erbe aus Weyer, der dieses Amt bis 1954 inne hatte.
Die Zusammenkünfte der ersten Nachkriegsjahre waren überschattet von den äußeren Umständen der Zeit. Für die Versammlungen benötigte man eine Erlaubnis der Militärregierungen und die Tagesordnungen waren bestimmt durch die nach wie vor bestehende Zwangswirtschaft für Lebensmittel. Für den Imker galt auch weiterhin: „Wer Zucker will, muß Honig abliefern.“ Später wurde der Zucker subventioniert und mit Eisenoxid vergällt, damit er nicht als Haushalts- oder Einmachzucker verwendet werden konnte.
In den folgenden Jahren sank das Interesse an den Versammlungen und erreichte 1951 einen Tiefpunkt, als am 8. Juli die beiden Anwesenden in Villmar der Nachwelt überlieferten:
"Wegen nicht erscheinen nicht abgehalten."
In den letzten rund 50 Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die Imkerei im Verein unterschiedlich. In der Kriegs- und Nachkriegszeit der 40er und 50er Jahre gewann die Bienenzucht zunächst viele Interessenten und Anhänger, was auch die allgemeine Notlage der damaligen Zeit bewirkt haben dürfte. Die Anzahl der Bienenvölker in den einzelnen Jahren lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Die Blütezeit der Bienenzucht im Laubustal erreichte 1964 einen Höhepunkt.
Das Protokollbuch des Vereins vermerkte 30 Mitglieder mit 276 Völkern, davon in Münster 11 Imker mit 97 Bienenstöcken, in Weyer 5 mit 22, in Villmar 4 mit 50, in Wolfenhausen 4 mit 29 und in Haintchen 6 Imker mit 78 Stöcken.An der Spitze lag Arnold Kohls, der in seinem Bienenhaus am Rande des Grubengeländes "Lindenberg", inmitten eines ausgedehnten Waldgebietes, damals mehr als 30 Völker betreute. Er war in den Wirren der letzten Kriegsmonate aus Pommern nach Münster gekommen.Sein reichhaltiges Wissen und seine große Erfahrung als gelernter Imkermeister stellte er allen bereitwillig zur Verfügung. Seit 1954 bis zu seinem frühen Tod hat er die Vereinsgeschicke für viele Jahre sachkundig und verdienstvoll gelenkt.

Aus jenem Jahrzehnt sind eine Reihe von Begebenheiten bemerkenswert. Großes Interesse fand 1960 eine Studienfahrt zum Bienenforschungsinstitut der Universität Frankfurt in Oberursel. 22 Imker und ihre Angehörigen verfolgten aufmerksam die Ausführungen des Leiters, Herrn Gontarski, über Bienenweide, Honig, seine Nährwerte und Behandlung sowie über Seuchen und Krankheiten der Bienen. 1965 wird die Gründung einer Zuchtgemeinschaft Oberlahnkreis mit eigener Belegstelle verzeichnet und 1966 den Imkern ein Kunststoffmagazin vorgestellt, 6-stöckig mit je drei Brut- und Honigräumen, in dem ein Volk den 6-fachen Ertrag bringen soll.
Mitgliederliste von 1947
Gleichzeitig meldet der Chronist, dass das Jahr 1966 eine sehr schlechte Honigernte brachte. Gegen Ende des Jahrzehnts gingen die Imkervereine des Oberlahnkreises in einem Kreiszüchterverein auf.. Lediglich unser Verein widersetzte sich, einstimmig in geheimer Wahl, den Zentralisationsbestrebungen und blieb als ältester Verein des Kreises von der Auflösung verschont und weiterhin selbstständig.
Seit Ende der 70er Jahre ist die Zahl der Vereinsmitglieder leicht rückläufig. Mit der Anzahl der Imker schrumpfte auch die Zahl der Bienenvölker. Eine Konzentration auf wenige Bienenzüchter, jeweils mit vielen Völkern, unterblieb. Das tat einer regen Vereinsarbeit keinen Abbruch. Fort- und Weiterbildung ziehen sich bis heute wie ein roter Faden durch das Vereinsleben. Im Mittelpunkt stehen neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Königinnenzucht, die Aufklärung über Krankheiten der Biene und vor allem Maßnahmen zur Bekämpfung der tödlichen Bedrohung der Völker durch die Varroamilbe. Moderne Technik steht den Mitgliedern mit Wort, Bild und Ton zur Verfügung.
Geänderte Bedingungen
Bemerkenswert ist auch die Veränderung des Trachtangebotes. Der konsequenten und gnadenlosen Bekämpfung der Ackerunkräuter fielen auch fast alle Nektarspender an Rainen und auf Graswegen zum Opfer. Dazu kam der seit etwa 15 Jahren geförderte Rapsanbau mit der Folge, dass sich der Zeitpunkt der ersten Schleuderung von ehedem Mitte Juni in die zweite Maihälfte verlagerte und der schnell kandierende helle Rapshonig die erste Ernte bestimmte. Während früher die Tracht der Obstbaumblüte der Frühjahrsentwicklung und dem Aufbau der Völker diente, kann der Imker heute seinen Honigraum oft schon Ende April öffnen.
Das führte jedoch nicht zwangsläufig zu höheren Erträgen. Die Imkerei ist weitaus stärker vom Wetter abhängig als die Landwirtschaft, zu der sie gerechnet wird. Die Zeit des Sammelns und Erntens ist für die Bienen auf die nur wenige Wochen dauernde Blütezeit der Nektarspender und die dann herrschenden Wetterbedingungen eingegrenzt. Allzu trockenes und heißes Wetter lassen die Nektarquellen versiegen, kühles und vor allem regnerisches Wetter hindert die Bienen am Flug. Sie bleiben zu Hause und zehren vom bisher eingetragenen Vorrat.
Die äußeren Umstände beeinflussen so unmittelbar das Ernteergebnis. Die Schwankungen des von einem Volk im Jahresdurchschnitt gesammelten Honigs lassen somit Rückschlüsse auf die jeweiligen Trachtverhältnisse zu. Über einen Zeitraum von 35 Jahren habe ich Aufzeichnungen geführt. Die unterschiedlichen Ernteergebnise, die Veränderungen der Trachtbedingungen wie auch die Verschiebung der Schleudertermine sind daraus ersichtlich. Ohne die zahlreichen Einzelergebnisse aufzuzählen, kann man von einem durchschnittlichen Jahresertrag von rund 17 kg pro geschleudertem Volk ausgehen. Dabei lagen die Ernten im ersten Jahrzehnt merklich unter, im letzten über dem Wert. Bezieht man alle Völker eines Bienenstandes in die Rechnung ein, liegt der Gesamtertrag noch darunter. Denn einige Völker bringen überhaupt keinen Honig, weil sie entweder abgeschwärmt sind, eine leistungsschwache Königin haben oder andere Gründe vorliegen. Die ganze Schwankungsbreite wird von den Extremwerten illustriert: das beste Jahresergebnis lag bei 47 kg, das schlechteste bei 2 kg je Volk.
Schlussbemerkung
Der vorliegende Aufsatz dokumentiert Vergangenes. Es ist ein Versuch, spärlich erhaltene einzelne Überlieferungen in einem größeren Zusammenhang zu sehen und Entwicklungstendenzen zu erkennen. Zu allen Zeiten der Vereinsgeschichte waren sich die Imker der besonderen Bedeutung der Bienenzucht bewusst. Jenseits ihres vordergründigen Interesses an einem reichen Honigertrag liegt der indirekte Nutzen der Bienen in der Bestäubung vieler Kultur- und Wildpflanzen. Bienenzucht ist damit heute mehr denn je ein aktiver Beitrag zum Schutz und der Erhaltung der Umwelt. Sie hilft mit, die Vielfalt der heimischen Flora zu sichern.
Und so hoffen wir, dass sich, ebenso wie in der Vergangenheit, auch künftig junge Menschen bereit finden, in unserer Heimat diese schöne Aufgabe zu übernehmen und weiterzuführen: Zur eigenen Freude und zum Nutzen nachfolgender Generationen.
gez. Kurt Nahm
